Wie Jugendliche vor Radikalisierung schützen?
Der Terroranschlag vom 2. November 2020 war für die Stadt Wien ein Grund mehr, die Präventionsarbeit hinsichtlich gewaltbereiter Radikalisierung und extremistischer Ideologien voranzutreiben. Bereits seit 2014 existiert das „Wiener Netzwerk Demokratiekultur und Prävention“ (WNED), in dem alle relevanten Einrichtungen in Wien zusammenarbeiten. Wie zuletzt Bürgermeister Michael Ludwig festhielt, ist das WNED international betrachtet ein Pionierprojekt. Ziel und Auftrag des WNED ist es, durch umfassenden Austausch und darauf aufbauende gezielte Vorsorgemaßnahmen Wege in den Extremismus zu verhindern und vor allem junge Menschen vor Radikalisierung zu bewahren.
Nun wurde die Wiener Präventionsarbeit auch im Rahmen einer wissenschaftlichen Studie evaluiert. Studienautor Nicolas Stockhammer (Universität Wien) äußerte sich lobend über die Arbeit des Netzwerks und formulierte Empfehlungen zu vier weiteren Schwerpunktsetzungen (siehe KEY FINDINGS). Diese Empfehlungen werden in die künftige Arbeit des WNED einfließen.
Presseservice: Studie stellt Wiener Extremismus-Prävention gute Noten aus
Studie „Prävention findet Stadt“
KEY FINDINGS Studie „Prävention findet Stadt“
Rückschau 2020: Maßnahmen unmittelbar nach dem Anschlag
Der terroristische Attentäter vom 2. November 2020 wurde sehr rasch von der Wiener Polizei gestoppt und damit die Bevölkerung vor weiteren Gefahren geschützt. Die Stadt stellte rasch Hilfe für die Angehörigen der Opfer, die Verletzten, aber auch für alle Wiener:innen zur Aufarbeitung der Geschehnisse bereit. Die Wiener Psychosozialen Dienste stockten das Personal bei der Krisenhotline und dem Notdienst auf. Auch das Kriseninterventionszentrum stand mit sämtlichen Hilfsangeboten zur Verfügung.
Gedenken zum ersten Jahrestag des Wiener Terroranschlags
Die Wiener Stadtregierung veranstaltete am Vormittag des 2. November 2021 eine Gedenkveranstaltung am Ort des Geschehens in der Innenstadt. Bei dem im vergangenen Februar enthüllten Gedenkstein am Desider-Friedmann-Platz wurde ein Kranz niedergelegt.
Die Tätigkeiten des WNED
Die Zusammenarbeit zwischen sämtlichen Behörden und Institutionen im WNED wird von der Wiener Kinder- und Jugendanwaltschaft koordiniert. Zentrales Element der Extremismusprävention des WNED ist die Stärkung von Demokratie und Menschenrechten, mit speziellem Fokus auf Kinder und Jugendliche. Um sie vor extremistischen Einflüssen zu schützen, werden zahlreiche Aktivitäten gesetzt – von Fachkonferenzen und Workshops über Projekte zu Partizipation und Demokratiekultur bis hin zur Etablierung von Schutzeinrichtungen oder der Einzelfallbearbeitung.
Im Jahr 2021 befasste sich das WNED intensiv mit der Aufarbeitung des Terroranschlags vom 2.11.2020, den Ausschreitungen in Favoriten, neuen Erkenntnissen im Bereich des religiös motivierten politischen Extremismus und der Deradikalisierungsarbeit. Auch wurden Arbeitsgruppen zum Kinderschutz in religiös-fundamentalistischen Gruppen oder zu Geschlechterbildern in der Burschenarbeit eingerichtet. Zudem arbeiteten Mitglieder des WNED aktiv im Bundesweiten Netzwerk für Extremismusprävention und Deradikalisierung (BNED) und auch in der BNED-Arbeitsgruppe Verschwörungstheorien mit.
Ausblick: Für das Jahr 2022 ist u.a. eine Initiative geplant, in der Jugendliche und junge Erwachsene – ausgehend von ihren Lebenswelten, Erfahrungen und Weltanschauungen – mittels filmischer Arbeit ihre Perspektiven auf Held:innenfiguren und demokratische Kultur diskutieren und entwickeln können.
Beitrag zu einer resilienten Bevölkerung
Grundlage für eine resiliente Stadt ist die Stärkung der Demokratie, der Menschenrechte sowie des gesellschaftlichen Zusammenhalts. Mit diesen Themenstellungen beschäftigt sich die Stadt Wien bereits seit vielen Jahren. Um erfolgreich gegen Extremismus ankämpfen und präventive Maßnahmen in den jeweiligen Bereichen setzen zu können, bleiben die rasche Informationsweitergabe und der Wissensaustausch wesentlich.
EU-weite Partnerschaften
Dieser Austausch beschränkt sich dabei nicht nur auf lokale Partner:innen, sondern findet auch EU-weit statt. Die Stadt Wien arbeitet mit dem „Radicalisation Awareness Network“ (RAN), dem „Netzwerk EU Cities Against Radicalisation“ sowie dem „European Forum for Urban Security“ (Efus) zusammen und arbeitet hier an Konzepten, Strategien und Lösungen, um den Schutz öffentlicher Räume und die öffentliche Sicherheit in Europa zu gewährleisten.
Für gesellschaftliche Inklusion, gegen Radikalisierung
Das Netzwerk Demokratiekultur und Prävention wurde etabliert, um durch die Stärkung der Demokratiekultur dazu beizutragen, Menschen vor Extremismus, Abwertungsideologien und antidemokratischen Haltungen zu schützen. Die vielfältigen integrativen und sozialen Maßnahmen der Stadt Wien gehen in dieselbe Richtung.
Auch Nicolas Stockhammer weist in der besagten Studie mehrfach darauf hin, dass einer frühzeitigen Intervention, im Sinne von Prävention, der Vorzug vor der viel komplexeren Deradikalisierung bereits in solche Ideologien abgeglittener Personen zu geben ist.