Einfache Sprache: Kindeswohl im Asylverfahren?
Ausreichende Berücksichtigung des Kindeswohls in Asylverfahren?
Am 13.7.2022 wurde das “Kindeswohl-Projekt” der Refugee Law Clinic veröffentlicht. Die Refugee Law Clinic ist ein Verein in Wien, bei dem Jus-Studierende freiwillig mitmachen. Gemeinsam mit vielen anderen Studierenden macht der Verein Projekte zum Asylrecht und manchmal auch zu Kinderrechten. Wir setzen uns als Refugee Law Clinic für Projekte ein, die sich mit dem Asylrecht und manchmal auch mit Kinderrechten befassen. Bei einer Pressekonferenz haben wir die Ergebnisse einer Analyse vorgestellt: Wird in Asylverfahren genug auf die Rechte von Kindern und ihr Wohl geachtet?
Das Kindeswohl bedeutet, dass alles, was für das Wohlergehen eines Kindes wichtig ist, berücksichtigt wird, damit es gut aufwachsen kann. Dazu gehören die Gesundheit des Kindes, die Schule, Schutz vor Gewalt und gute Lebensbedingungen. Es ist sehr wichtig, das Kindeswohl immer zu schützen. Auch Behörden und Gerichte müssen das berücksichtigen, wenn sie Entscheidungen treffen. Kinder haben das Recht darauf. Das steht sogar in den Gesetzen, zum Beispiel im Bundesverfassungsgesetz für Kinderrechte und im § 138 des Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuches (ABGB).
Unser Kindeswohl-Projekt basierte auf einem Bericht, den die Kindeswohlkommission vor einem Jahr (2021) veröffentlicht hat. Die Kindeswohlkommission wurde vom Bundesministerium für Justiz gegründet und von Dr. Irmgard Griss geleitet. In diesem Bericht haben verschiedene Experten festgestellt, dass das Wohl der Kinder in Asyl- und Fremdenrechtsverfahren nicht ausreichend berücksichtigt wird. In diesen Verfahren entscheiden staatliche Behörden und Gerichte darüber, ob eine Person in Österreich bleiben darf oder nicht. Die Regeln dafür sind in verschiedenen Gesetzen festgelegt, wie zum Beispiel im Asylgesetz und im Fremdenpolizeigesetz. In Asylverfahren wird vor allem geprüft, ob es sicher ist, dass jemand in seinem eigenen Land leben kann. Wenn festgestellt wird, dass jemand im eigenen Land verfolgt wird, darf er unbegrenzt in Österreich bleiben (Asyl). Um Asyl zu bekommen, müssen bestimmte Bedingungen erfüllt sein, wie im § 3 des Asylgesetzes beschrieben. Es kann aber auch sein, dass jemand nur vorübergehend in Österreich bleiben darf und die Gefahr später nochmal überprüft wird (Subsidiärer Schutz). Diese Prüfung erfolgt automatisch, wenn jemand kein Asyl erhält. Dafür gelten die Regeln des § 8 des Asylgesetzes.
Wenn darüber entschieden wird, ob ein Kind Schutz bekommen soll, müssen die Lebensumstände sowohl im Heimatland als auch in Österreich berücksichtigt werden. Die Behörden und Gerichte müssen besonders darauf achten, dass die Kinderrechte und das Wohl des Kindes geprüft werden. Zum Beispiel müssen sie schauen, ob das Kind in seinem Heimatland zur Schule gehen kann und ob es dort genug medizinische Hilfe gibt, wenn es krank ist. Auch müssen sie prüfen, ob das Kind in Österreich zur Schule geht und wie schlimm es für das Kind wäre, seine Freunde verlassen zu müssen. Wenn sie diese und andere Dinge nicht überprüfen, könnten sie die Kinderrechte ignorieren. Ein anderes Kinderrecht ist zum Beispiel das Recht, an Verfahren teilzunehmen. Das bedeutet, dass jedes Kind, das in der Lage ist, seine Situation im Verfahren zu erklären, auch die Möglichkeit dazu bekommen sollte.
Die Kindeswohlkommission hat gesagt, welche Dinge in Asylverfahren nicht genug untersucht werden. Sie hat Vorschläge gemacht, wie man besser auf das Wohl der Kinder achten könnte. Wir von der Refugee Law Clinic haben überprüft, ob diese Vorschläge auch umgesetzt wurden.
Analyse der Gerichtsentscheidungen
In unserem Projekt haben wir Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts (BVwG) untersucht. Diese Entscheidungen betrafen Asylverfahren, in denen es um den Aufenthalt von Kindern ging. Das Projekt wurde von 26 Mitgliedern der Refugee Law Clinic durchgeführt. Wir wurden von Asylrechtsanwältinnen, dem Verein Asylkoordination und Expertinnen des Bündnisses Gemeinsam für Kinderrechte unterstützt.
Zu Beginn haben wir Kriterien erstellt, um Entscheidungen des BVwG im Rechtsinformationssystem (RIS) zu finden. Das RIS ist eine Sammlung von Gesetzen und Gerichtsentscheidungen in Österreich, auf die jeder zugreifen kann. Wir haben uns entschieden, Entscheidungen des BVwG zu analysieren, weil sie im RIS frei verfügbar sind.
Dann haben wir die Entscheidungen des BVwG anhand der entwickelten Prüfkriterien untersucht. Einige dieser Kriterien haben wir aus dem Gesetz und den Kinderrechten entnommen. Andere Kriterien wurden mit Expert*innen besprochen. Diese Kriterien halfen uns dabei, das Wohl der Kinder in verschiedenen Bereichen zu definieren. Wir haben zum Beispiel geprüft, ob das Kind gesund ist und ob es im Heimatland genug medizinische Hilfe gibt, falls nötig. Wir haben auch überprüft, ob das Kind eigene Gründe für die Flucht hat und ob die Ausbildung des Kindes berücksichtigt wurde. Wir haben untersucht, ob die Gerichtsentscheidungen all diese und viele andere Kriterien berücksichtigt haben. Denn das Gericht muss das tun, sobald ein Kind betroffen ist, zum Beispiel wenn es um internationalen Schutz bittet. Das Wohl des Kindes muss besonders in der Entscheidung berücksichtigt werden. Wir haben bereits zu Beginn kurz erklärt, was das Kindeswohl bedeutet.
Positive Ergebnisse
Es ist wichtig zu erwähnen, dass in 75% der untersuchten Entscheidungen „Kinderspezifische Fluchtgründe“ berücksichtigt wurden. Das bedeutet, dass die eigenen Gründe für die Flucht der Minderjährigen ausführlich betrachtet wurden. Auch die Beziehung zum Herkunftsland wurde fast immer in den Entscheidungen erwähnt. In fast 40% der Fälle wurden detaillierte Aspekte wie die familiäre Situation in Österreich berücksichtigt. Ein weiteres Kriterium war die „Psychische und Physische Entwicklung des Kindes“. Dieses wurde in über 70% der Fälle von den Richtern genau untersucht. Das bedeutet, dass der Gesundheitszustand der Minderjährigen erwähnt wurde. Wenn es gesundheitliche Probleme gab, wurden diese genau besprochen und in die Entscheidung einbezogen.
Negative Ergebnisse
Im Vergleich dazu wurde das Kriterium „Gesundheit und emotionale Entwicklung“ nur in 6,6% der Fälle ausführlich betrachtet. In 75,8% der analysierten Entscheidungen wurde es überhaupt nicht erwähnt. Auch die „Verfahrensbeteiligung des Kindes“ wirft einige Fragen auf: In 63,7% der analysierten Fälle wurde dieses Kriterium im Entscheidungstext überhaupt nicht erwähnt. Das bedeutet, dass den Kindern nicht erlaubt wurde, im Verfahren über ihr eigenes Leben zu sprechen. Sie wurden von den Richtern ohne eine zusätzliche Erklärung nicht befragt. In anderen Verfahren in Österreich ist es normal, dass Kinder ab 10 Jahren beteiligt werden. Es ist unklar, warum die Beteiligung von Minderjährigen im Asylverfahren anders ist als in anderen Verfahren. Das könnte dazu führen, dass wichtige Aspekte des Kindeswohls, die Kinder ab einem bestimmten Alter selbst erklären könnten, nicht berücksichtigt werden.
Fazit
Insgesamt lässt sich sagen: Trotz der Empfehlungen von Experten werden die Rechte von Kindern in Asylverfahren nicht genug berücksichtigt. Auch wenn einige Kriterien beachtet werden, gibt es noch Lücken. Unsere Ergebnisse geben Einblick in die Berücksichtigung des Kindeswohls in Asylverfahren. Wir laden alle Interessierten ein, unseren Bericht zu lesen. Es gibt noch viel zu tun, um sicherzustellen, dass die Rechte von Kindern und Jugendlichen in Asylverfahren respektiert werden.
Verfasst von nachfolgenden Autor:innen und angepasst in einfacher Sprache mit ChatGPT.
Jasmin Enzi
Jasmin Enzi studiert Rechtswissenschaften an der Universität Wien. Als Mitglied des Leitungsteams der Refugee Law Clinic befasst sie sich schwerpunktmäßig mit Asyl- und Fremdenrecht.
Theresa Zika
Theresa Zika ist Studierende der Rechtswissenschaften an der Universität Wien im 3. Abschnitt des Studiums. Außerdem studiert sie Soziale Arbeit an der FH Campus Wien und ist ebenfalls Teil des Leitungsteams der Refugee Law Clinic.