Die Kinder- und Jugendanwaltschaft Wien wünscht schöne Ferien und regt Eltern zur positiven Begleitung ihrer Kinder an
SchülerInnen haben eine Menge Arbeit geleistet und die Semesterferien kommen. Leider bedeutet das für Kinder und Jugendlichen aber auch eine große Belastung. Denn viele haben Sorgen aufgrund schlechter Noten. Und viele haben Angst vor Vorwürfen und Strafen ihrer Eltern.
Deshalb appelliert der Kinder- und Jugendanwalt Ercan Nik Nafs an alle Eltern und Erziehungsberechtigten: „Stellen Sie eine positive Beziehung zu Ihrem Kind ins Zentrum. Begleiten Sie es liebevoll und wertschätzend. Strafen, Verbote oder ‚Liebesentzug‘ schaden Ihrem Kind. Besprechen Sie gemeinsam, was gut läuft und was genau getan werden kann, um bei besonderen Herausforderungen die Noten zu verbessern. Fragen Sie im Zweifelsfall auch bei der Lehrerin oder dem Lehrer nach, was noch besonders geübt und vertieft werden kann und welche Lernstrategien Ihrem Kind dabei helfen könnten. Und vor allem: Gönnen Sie Ihrem Kind erholsame Ferien!
Auch wenn Sie als Erziehungsberechtigte arbeiten müssen: Schaffen Sie gemeinsame Zeit für Ausflüge oder Kino, einen gemütlichen Spieleabend oder auch einfach ein ruhiges Beisammensein beim Lieblingsessen Ihres Kindes.“
Noten beschreiben nicht Menschen
Noten setzen Leistungen in Beziehung zu einer Norm. Und damit sagen sie uns etwas, aber auch vieles nicht.
- Noten sagen nicht, wie sehr sich eine Schülerin oder ein Schüler angestrengt hat.
- Noten sagen nicht, was genau er oder sie noch üben und lernen sollte und welche Unterstützung dabei möglicherweise helfen kann.
- Noten sagen nicht, wie klug ein Kind ist, wie ideenreich, wie kreativ, wie sozial ein Kind ist und was es besonders macht.
- Noten sagen auch nicht, welchen Belastungen eine Schülerin oder ein Schüler ausgesetzt war und ist.
- Und Noten sagen schon gar nicht, wo diese Schülerin oder dieser Schüler in einem oder zehn Jahren stehen wird.
Zukunft nicht vorhersagen, sondern ermöglichen
Der Kinder- und Jugendanwältin Dunja Gharwal fasst es so zusammen: „Eltern sind dazu da, um ihren Kindern Wege zu eröffnen und sie, soweit es nötig ist, ein Stück zu begleiten.“
Kinder und Jugendliche können am besten auf ihrem Bildungsweg unterstützt werden, indem ihnen Mittel an die Hand gegeben werden, um eigenständig Inhalte zu erarbeiten, herauszufinden, was ihnen wichtig ist, Freude am eigenen Tun zu erfahren und sich selbst zu motivieren, ohne Angst vor Fehlern und „Versagen“. Dort, wo sie auf diesem Weg Unterstützung benötigen, sollen sie diese auch bekommen – von der Familie, LehrerInnen, über die Förderung 2.0, von Beratungsstellen.
Ercan Nik Nafs merkt an: „Es wird allzu oft vergessen, dass in der Adoleszenz viele Aufgaben und Entwicklungen zur selben Zeit ablaufen. Der Hormonspiegel spielt verrückt, erste Liebe, Trennungsschmerz, Freundschaften – komplexe soziale Ablaufe finden im Leben von älteren Kindern und Jugendlichen statt. Und der Schulalltag mit den damit verbundenen Anforderungen steht dazu durchaus auch in Konkurrenz. Diese vielen Veränderungen und Anforderungen unter einen Hut zu bringen, ist also eine große Leistung.“
Wer schneller geht, ist früher … wo?
Wenn eine Klassenwiederholung ansteht, bedeutet das für Familien oft eine große Belastung. Die Vorstellung, eine Klasse wiederholen zu müssen, ist zuerst einmal unangenehm. Für solche Situationen gibt Dunja Gharwal zu bedenken: „Über den weiteren Bildungsweg sagt eine Klassenwiederholung noch gar nichts aus. Allerdings ist es entscheidend, konstruktiv damit umzugehen.“ Es kann auch sein, dass die Schulform – vor allem in der Oberstufe – nicht den Wünschen, Erwartungen und Zukunftsplänen der SchülerInnen entspricht. Sie sehen dann nicht den Sinn in dem, was sie lernen. So kann nur schwer die nötige Motivation zum Lernen aufgebaut werden. Ein ehrliches Gespräch, auch über Alternativen, ist hier wichtig.
Kinder haben das Recht auf gerechte Schulen und positive Begleitung
Wenn SchülerInnen und Eltern denken, dass eine schlechte Benotung zu Unrecht gegeben wurde, dann können sie das auch überprüfen lassen. Dazu können sie sich direkt an die Bildungsdirektion oder die Kinder- und Jugendanwaltschaft wenden.
Die Kinder- und JugendanwältInnen appellieren sowohl an PädagogInnen als auch an Erziehungsberechtigte: „SchülerInnen haben das Recht, gerecht behandelt und positiv begleitet zu werden. Setzen auch Sie sich dafür ein!“
Was tun bei einem 3er im Zeugnis
Wenn Ihr Kind sich gerade in der 4. Klasse Volksschule befindet, stellt sich oft eine besondere Frage: Was tun mit einem Kind, das gute Leistungen bringt und an die AHS will und trotzdem einen Dreier in Deutsch oder Mathematik im Halbjahreszeugnis hat? Dazu ein paar Tipps:
Erstens: Laut Gesetz ist für die Aufnahme an die AHS das Jahresabschlusszeugnis entscheidend. Einige Schulen nehmen eine Anmeldung auch mit einem „Befriedigend“ in Deutsch oder Mathe im Halbjahreszeugnis an – im zweiten Semester geht es dann um die Verbesserung der Note.
Zweitens: Die Schulkonferenz der Volksschule kann in besonderen Fällen bei einem Dreier im Abschlusszeugnis feststellen, dass „der Schüler auf Grund seiner sonstigen Leistungen mit großer Wahrscheinlichkeit den Anforderungen der allgemeinbildenden höheren Schule genügen wird“ (§40 Schulorganisationsgesetz).
Falls es mit dem Zweier im Jahreszeugnis wider Erwarten doch nicht klappt, bleiben Ihnen noch immer zwei Möglichkeiten: Es gibt in Wien „Wiener Mittelschulen“, in denen AHS und NMS, kurz gesagt, zusammengeführt werden und wo SchülerInnen so die Gelegenheit erhalten, bis zum Ende der Pflichtschulzeit ihre Leistungen so zu verbessern, dass sie direkt in die Oberstufe wechseln können. Zudem gibt es noch die Möglichkeit, eine Aufnahmeprüfung an der AHS zu machen. Und schließlich sei angemerkt, dass es auch noch während und nach der NMS mit guten Leistungen möglich ist, an eine höhere Schule zu wechseln.